HORSEMEN

„You can’t buy respect, you earn it - it’s like honor.“ (Martin Black)

Pferde haben eine ausgefeilte Körpersprache, die auch Reiter verstehen und nutzen können. Vorausgesetzt, sie sehen das Pferd als Partner und nicht als Untergebenen. Die Buckaroos im Sagebrush Ocean der USA haben es darin zur Meisterschaft gebracht.

Ich traf Martin Black im Mai 2001 beim Big Loop Rodeo in Oregon. Es findet jedes Jahr statt und ist ein Treffpunkt für Buckaroos aus nah und fern. So auch für ihn, den ich unbedingt sprechen wollte. Ich hatte von ihm gehört und über ihn gelesen und insgeheim schwebte mir ein Interview mit ihm vor. Vorgestellt wurde ich von einem Mann, der mit traditionellem, altem Equipment – Vintage gear – handelt und deswegen bei den Ranch hands eine gewisse Reputation genoss. Mein bevorzugter Protagonist saß hoch zu Ross, ich stand davor und erklärte mein Anliegen. Am Ende lud er mich zu sich auf seine Ranch ein und ich konnte ihn ein paar Tage Befragen und bei der Arbeit filmen.

Im Jahre 1986 traf ich den ersten richtigen horseman meines Lebens. Der Mann hatte eine erkennbar umgängliche Art mit seinen Pferden und ritt in ihnen so smooth, wie es manch anderer kaum mit seinem Motorboot schafft. Das war faszinierend anzusehen und seither habe ich mich auf die Suche nach den Erben der altkalifornischen Reitweise begeben. Ich traf die Buckaroos fünfzehn Jahre später sozusagen als Originale und habe im Verlaufe von weiteren fünf Jahren zwei Filme über sie produziert. Von 2001 bis 2006 war ich jedes Jahr dort zu Besuch, habe die Doku „Buckaroo Flavour“ gedreht und 2002 publiziert – danach 2007 den Dokumentarfilm Ein Leben im Sattel für das ZDF/arte.

“Cowboys live by the Code of the West, a code of honor and truthfulness. They live in a world where a man’s word is his bond and a handshake is enough to seal any agreement.“ David R. Stoecklein Ketchum, Idaho

Auf jeder Ranch gibt es eine Herde von Reitpferden, die normalerweise nach der Arbeit freigelassen werden und wild grasen. Jeden morgen reitet einer der Cowboys los und holt sie zurück. Sie wissen genau, was sie erwartet und machen freiwillig mit. Als ein Teil des Buckaroo-Teams sind sie die Arbeit mit den Rindern gewohnt und bringen ihre Fähigkeiten, ihren cow sense, ein. Wenn es nichts für sie zu tun gibt, dösen sie zufrieden vor sich hin.

Jeden Morgen werden die im Kreis versammelten Reitpferde neu ausgewählt, um den jeweiligen Cowboys übergeben zu werden. Die Tiere kennen ihren Platz und stellen sich gemäß ihrer Rangfolge auf. Der Wrangler ist der Chef und entscheidet, welches Pferd er welchem Mann zuweist. Auch er benutzt ein Big Loop, ein langes Lasso, um den head catch auszuführen. Wenn das betreffende Pferd das rope um den Hals spürt, tritt es rückwärts aus der Reihe, dreht sich um und läßt sich wegführen. Dann wird es dem Reiter gebracht und respektvoll ihm überlassen.

 

Martin Black ist auch Teilnehmer beim Rodeo, wo es gilt, zu Zweit ein junges Pferd zu Fall zu bringen und am Boden zu halten. Ursprünglich, um es zum impfen oder ein Brandzeichen zu setzen, hier, um sein Können mit dem besonders langen Lasso beim head’n and healin’ zu zeigen. Man muss die Schlinge aus vollem Galopp um den Hals oder die Hinterläufe werfen und stramm ziehen. Obwohl Martin den prestigeträchtigen Wettbewerb auch schon gewonnen hat, nimmt er jedes Jahr wieder teil.

Der persönliche Umgang mit den jungen Pferden ist Martin sehr wichtig. Sie stammen aus seiner eigenen Quarterhorse-Zucht und wachsen unbeschwert und artgerecht auf, bevor sie ausgebildet werden. Ich war dabei, als er mit dem colt starting begann und ihnen die Grundbegriffe der altkalifornischen Reitweise beibrachte. Dabei kann er im Verlauf die jeweilige Begabung und individuelle Klasse der Tiere erkennen, denn Pferde sind Individuen – wie wir auch.

4 R UMAX     PL-II            V1.5 [3]

“Patience, understanding, consideration - is good for horses, is good for business and is good for people.“

Tim Freeman

Das Big Loop Rodeo dauert zwei Tage und versammelt die gesamte community west of the rockies. Besonders diejenigen aus Oregon, Idaho und Nevada. Tim war uns wegen seines auffälligen Bartes aufgefallen und so waren wir mit ihm und seiner Familie ins Gespräch gekommen. Es war so anregend gewesen, dass er uns zu sich einlud. Neun Meilen dirt road off the highway hatte er gesagt. Dann kommt ihr an ein Tor und von dort sind es nur noch ein paar Meilen. Als wir am nächsten Tag tatsächlich ankamen, war sein typisch lakonischer Kommentar: Ah, you’ve made it. Seine Frau und er liessen es sich nicht nehmen, uns ein Beispiel amerikanischer Gastfreundschaft zu geben und boten uns a good meal. Wir freundeten uns an und so kam ich mindestens einmal pro Jahr zu ihnen, lebte den Ranchalltag mit Ihnen und filmte sie dabei. Inzwischen hat die junge Generation die Ranch übernommen.

Es war ein schöner Tag und wir wollten für den Film ein paar Standfotos machen. Also wurde ein Ausritt auf der Hochebene organisiert und beim Halt erklärte ich ihm, wie die Kamera funktioniert. Im Laufe der Jahre war ein Vertrauensverhältnis zwischen uns entstanden und er zeigte mir interessante Orte oder stellte mich anderen Rancher-Familien vor, die später dann Protagonisten in meinen Filmen wurden. Ohne ihn wären mir tiefe Einblicke in die Ranch-Kultur nicht möglich gewesen und unsere Gespräche gingen thematisch weit über das Alltägliche hinaus. Sein Wahlspruch lautete: Patience, understanding, consideration – is good for horses, is good for business and is good for people. Aber wenn es ans Eingemachte ging, konnte er auch anders:

Style and grace, Timing and precision, More rhythm than a Jamaican combo, more guts than a slaughterhouse and more balls than the New York Yankees.

Yee-haw!